Perspektivwechsel.
Haie sind gefährlich, hinterhältig und lauern dir auf, wenn du friedlich im Meer schwimmen willst. Mit diesem Vorurteil räumt der französische Ozeanograf und professionelle Taucher, François Sarano, auf. Er war 13 Jahre lang wissenschaftlicher Berater von Jacques Yves Cousteau und Expeditionsleiter auf dem legendären Forschungsschiff Calypso. Ohne Käfig mit weißen Haien zu tauchen, oder Bullenhaie in der Touristenhochburg Playa del Carmen (Mexiko) zu beobachten – Sarano zeigt, dass es möglich ist, ohne gleich zerfleischt zu werden.
„Wir lassen uns ins Wasser gleiten und haben noch nicht einmal den ersten Zug aus dem Sauerstoffgerät genommen, als drei Silberspitzenhaie und zwei große graue Riffhaie zu uns aufsteigen. […] Die Körper sind nahezu unsichtbar, nur die Ränder der Flossen zeichnen sich schemenhaft in der dunklen Tiefe ab. Ruhige Kreise ziehend, tanzend, wie lodernde Flammen. Dann halten sie inne, kommen nach oben, und der erste nähert sich. Als würde das Meer einen Hai gebären. […] Eine schlummernde, kontrollierte Kraft, die jeden Moment explodieren kann. Schließlich die beeindruckende Schwanzflosse, die wie ein weißes Banner wirkt.“
Schnell wird mir beim Lesen dieses besonderen Sachbuchs klar, dass die verbreitete Ansicht über Haie daraus resultiert, dass wir zu wenig über Haie wissen. Wüssten wir mehr über diese majestätischen, scheuen Tiere, müssten wir keine Angst vor ihnen haben. Vor allem Hollywood mit seinem damaligen Blockbuster „Der Weiße Hai“ hat uns diese Angst regelrecht eingeimpft.
Eine Mischung aus Wissen und Interaktion
Dieses Buch hält für jeden etwas parat. Von der Herkunft und Abstammung von Haien, bis hin zu deren komplexem Sozialverhalten. Immer wieder ergänzt François Sarano seine Schilderungen mit lebhaften Beschreibungen von Begegnungen mit der wohl mitunter ältesten Spezies der Erde. Besonders hervorzuheben sind die Kurzvideos, welche die Begegnungen lebensnah zeigen. Sie sind über QR-Codes, die man mit seinem Smartphone abscannen kann, im Buch abgedruckt und abrufbar.
Wissenschaftlich fundiert
Zu Beginn beschäftigt sich das Sachbuch mit der Rezeption von Haien zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Es folgt ein kleiner Exkurs zu dem Thema wie es dazu gekommen ist, dass Haie von der Gesellschaft derart gefürchtet sind. Anschließend eine wissenschaftsbasierte Untersuchung zur Verwandtschaft von Haien mit anderen Lebewesen. Durch das gesamte Buch verteilt sind detaillierte Beschreibungen des Autors, wie er Haie bei Tauchexpeditionen Unterwasser begegnet. Es folgen Kapitel zu den Themen „Hai Anatomie“ und „Wanderwege.“ Kapitel 10 „Versöhnung“ rundet das Buch mit einem flammenden Plädoyer über die Schutzwürdigkeit von Haien ab.
Zusammentreffen von Mensch und Hai
Schwerpunktmäßig umfasst das Buch Ausführungen und Beobachtungen zum Weißen Hai und dem Bullenhai, jedoch kommen auch andere Haigattungen nicht zu kurz. Sarano schreibt auch über Vorfällen zwischen Menschen und Haien und stellt Theorien vor, wie es zu solchen „Unfällen“ (wie er sie bezeichnet) kommen konnte. Stets beleuchtet er rein objektiv sowohl die Perspektive des Menschen als auch des Hais.
Außerdem gibt es auch zahlreiche atemberaubende Farbfotos im Buch. Das Gesamtpaket bietet eine vielschichtige Erlebnisreise mit Saranos Haien, wie man sie nur besser in der Natur bekommen könnte. Noch nie konnte man auf der heimischen Couch Haien so nahekommen.
Fazit
Mit diesem Buch gelingt Sarano ein entscheidender Perspektivwechsel, weg von der gefährlichen Bestie, hin zum scheuen, teilweise trägen und äußerst sozialem Geschöpf, das von uns Menschen zutiefst missverstanden wird. Es ist ein Manifest für Haie und gegen ihre öffentliche Wahrnehmung.
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