Mein nächster Berg

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Carola Krauße-Reim
9101

Sachbuch-Couch Rezension vonAug 2022

Wissen

Ausstattung

Eine Bergsteiger-Legende erzählt

Der Österreicher Peter Habeler ist ein weltweit bekannter Bergsteiger. Alpingeschichte schrieb er, als er 1978 zusammen mit Reinhold Messner den Mount Everest by fair means, also ohne Sauerstoff, bestieg. Am 22.Juli 2022 ist Peter Habeler 80 Jahre alt geworden. Zusammen mit Marlies Czerny spürt er seinem Leben nach und den Menschen, die es mit ihm gingen.

Peter Habeler

Peter Habeler verlor seinen Vater sehr früh, seine Mutter musste ihn und den älteren Bruder alleine durchbringen. Das bedeutete Armut und viel Einsamkeit. Der Wunsch Bergführer zu werden war kaum zu realisieren. Doch Habeler kämpft sich durch, wird Bergführer und einer der weltbesten Kletterer. Marlies Czerny stellt im vorliegenden Buch elf Menschen vor, die Habeler immer von einem Berg zum nächsten brachten. Wir begegnen Sepp Mayerl, Doug Scott, David Lama und natürlich Reinhold Messner.

Es gibt immer einen nächsten Berg

Für Peter Habeler gibt es immer einen nächsten Berg, wobei das nicht unbedingt wörtlich zu nehmen ist. Er braucht einfach ein Ziel, auf das er zuarbeiten muss. Wenn es dann erreicht ist, kann er immer noch immense Freude verspüren. Diese Lebenslust und Neugier hat den 80-Jährigen jung gehalten. Natürlich waren es auch Herausforderungen der tatsächlichen, der großen Berge, die ihn antrieben, doch Habeler sagt:

„Die Quintessenz meines Lebens ist, dass ich immer die besten Leute kennenlernen durfte.“

Die besten haben ihn erst gelehrt und dann begleitet. Sein Weg ist gezeichnet von den ganz großen Erfolgen am Berg, wobei er nicht die Erstbesteigung des Mount Everest ohne Sauerstoff als seinen größten persönlichen Erfolg ansieht, sondern die Besteigung des Kangchendzönga 1988 über die Nordwand und das auch ohne Sauerstoff. Peter Habeler ist bis heute ein sehr bescheidener Mensch, der das Leben als Geschenk sieht; der die verstorbenen Freunde mit einer Kerze im Wohnzimmer ehrt und der sagt:

„Dieses Buch möchte ich meinen prächtigen Bergkameraden widmen, ohne die mein Leben wohl anders verlaufen wäre. Oder besser gesagt: ohne die ich wahrscheinlich gar nicht mehr am Leben wäre.“

Der Stil ist gewöhnungsbedürftig

Die „freie Alpin-Autorin“ Marlies Czerny stellt in 10 Kapiteln einzelne Personen vor, die Peter Habeler während seines Lebens kennenlernen durfte und, die ihn maßgeblich geprägt haben. Ganz zum Schluss schreibt Habeler dann noch selbst seine Gedanken auf. Leider erklärt Czerny nie auf welcher Grundlage dieses Buch entstanden ist, jedoch lässt sich aufgrund des Stils und der Einleitung vermuten, dass es auf Interviews fußt, die beide wohl in Habelers Zuhause Mayrhofen im Zillertal geführt haben.

Czerny verfasst das Buch in einem sehr gewöhnungsbedürftigen Stilmix aus Umgangssprache und Schriftsprache. Das mag in weiten Teilen authentisch sein, macht der Leserschaft die Lektüre aber nicht unbedingt angenehmer. Manchmal gibt es zudem Sätze, die einfach keinen Sinn ergeben: „Für Peter Habeler gibt‘s immer einen Berg, der höher ist. Das ist er bis heute, bis zu seinem 80. Geburtstag am 22. Juli 2022.“ Ein wenig Versöhnung mit diesem besonderen Stil bringen die vielen Fotos. Habeler scheint seine privaten Alben geöffnet zu haben, denn viele sind sehr persönlicher Natur. Sie zeigen nicht nur Aufnahmen am Berg, sondern auch Fotos aus seinem privaten Bereich, seiner Tourenbücher und erhaltener Briefe.

Das Layout begeistert

Überhaupt muss man die sehr liebevolle Aufmachung des Buches unterstreichen. Jedes Kapitel wird mit einem gemalten Porträt begonnen. Die unzähligen Fotos sind teilweise in den Text eingebunden, manchmal aber auch seitenfüllend. Ganz besonders hat mir die „Lebenslinie“ am Schluss des Buches gefallen, die die wichtigsten Stationen in Habelers Leben nennt, sich dabei an der gemalten „Bergkette“ seiner alpinen Abenteuer entlang schlängelt und durch zahlreiche kleine Ergänzungen und Details zeichnerisch ergänzt wurde. Glückwünsche einiger Wegbegleiter „Zum 80er!“ beschließen diese etwas andere Biografie.

Fazit 

Hommage an einen der größten Alpinisten und einem sehr bescheidenen Menschen. Das Buch ist sehr ansprechend gestaltet, aber teilweise in einem gewöhnungsbedürftige Stil abgefasst. Zielgruppe ist eindeutig die Berg-begeisterte Leserschaft, die sich im Metier auskennt und gerne das Leben von Peter Habeler kennenlernen möchte.

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