Häkeln kann auch Therapie sein
Handarbeiten werden immer populärer. Nicht erst seit der Pandemie, mit ihren weitreichenden Einschränkungen, wird vermehrt gestrickt, genäht, gestickt und eben auch gehäkelt. Was früher eher als Beschäftigung für ältere Damen angesehen wurde, ist mittlerweile wieder gesellschaftsfähig und unterliegt schon längst keinen Alters- oder Geschlechtseinschränkungen oder Vorurteilen mehr. Und wer freut sich nicht über etwas schönes Selbstgemachtes, egal ob es die Wohnung bereichert oder als unikates Kleidungsstück getragen werden kann?
Ein sehr persönliches Buch
Rose Svane ist eine häkelnde Influencerin, die auf diversen Internetseiten ihr Publikum begeistert. Doch die 22-jährige Dänin hat nicht nur damit ihr Hobby zur Geschäftsidee gemacht, sie entwirft und häkelt auch Modelle für Prominente und vertreibt außerdem ihre Unikate in ausgesuchten Designerläden. Und jetzt ist sie auch noch unter die Autoren gegangen und liefert mit ihrem Debüt „Häkeln“ ein ebenso interessantes, wie gänzlich persönliches Buch ab. In der sehr ausführlichen Einleitung erzählt sie uns, was sie zur begeisterten Häklerin machte. In ihrem ganz eigenen lockeren Schreibstil berichtet sie von den „enormen Schwierigkeiten meinen Platz im Leben zu finden“, vom Ausprobieren und Scheitern. Im spirituell angehauchten Ton erfahren wir von der Aufforderung des Universums zur Häkelnadel zu greifen und von der Unterstützung durch Mutter und Oma bei der Handarbeit. Für die Dänin war Häkeln mehr als eine Freizeitbeschäftigung, für sie war es eine Therapie! Nachdem das nun alles geklärt ist, kommt Svane dann zum Eingemachten - sprich der Technik und den Modellen.
Für Neulinge in Sachen Häkeln wird es interessant
Bevor Rose Svane zu den lediglich 15 Modellen kommt, widmet sie sich der Technik des Häkelns. Auf 75 Seiten des großformatigen Buches geht sie daher ausführlich auf die Grundlagen ein. Sie zeigt u.a. in Schritt-für-Schritt-Anleitungen die wichtigsten Techniken, stellt diverse Garne, die sie verwendet, vor und erklärt das Lesen einer Häkelschrift. Das alles wird mit schönen Fotos und Zeichnungen begleitet, die dazu beitragen könnten, dass wirklich keine Frage mehr offen bleibt. Jedoch zeigt sich schon hier, dass das Buch auf Neulinge in Sachen Häkeln zugeschnitten ist. Es werden nur die einfachsten Techniken gezeigt, denn nur sie werden für die Herstellung der folgenden Modelle gebraucht. Wer schon länger zur Häkelnadel greift und versierter in dieser Handarbeit ist, dürfte hier, wie auch unter den Modellen wenig Innovatives finden.
15 einfache Modelle
Obwohl das Buch großformatig ist und immerhin über 260 Seiten aufweist, werden nur 15 Modelle vorgestellt. Diese hat Svane in „Für die Wohnung“, „Accessoires“ und „Kleidung“ eingeteilt. Schon beim ersten Durchblättern fällt auf, dass sich alle Arbeiten im Stil sehr ähneln. Den könnte man gut gemeint als Boho-Style oder Vintage bezeichnen, bösartig aber auch als altbacken. Alles wird in den vorgestellten einfachsten Techniken hergestellt, wobei das Muschelmuster und die Granny-Squares immer wieder auftauchen. Es scheint so, als hätte sich Svane doch sehr an den Stil ihrer Oma erinnert, was ja an sich nicht so tragisch ist, doch gerade in puncto Granny-Squares kann man wesentlich interessantere und ansprechendere Varianten häkeln. Und wenn dann auch noch die Farbgestaltung à la 70er Jahre hinzukommt, ist die „Infinity-Decke“ schon nicht mehr so ansprechend, das “Bandana“ erinnert sehr an längst vergangene Tage und das „Pussycat-Top“ könnte auch von einem Foto aus der Flowerpower-Zeit stammen. Allerdings kann man hier ja dem eigenen Farbgeschmack nachgehen. Die Modelle sind alle mit mindestens einem Foto versehen, was bei Handarbeitsanleitungen üblich ist. Jedoch hätte man vielleicht etwas mehr auf die Details Wert legen können, denn zumindest eine Abbildung zu „Agnes Hut“ zeigt überdeutlich, wie wenig Sorgfalt für das Herstellen des Modells aufgewendet wurde.
Die Anleitungen an sich dürften für alle gut verständlich sein, denn in einzelnen Schritten wird alles abgearbeitet, was zum Gelingen nötig ist. Wer sich also mit dem Stil der Modelle anfreunden kann und dazu noch nicht viel Erfahrung in Sachen Häkeln hat, wird vielleicht nicht enttäuscht sein und könnte sich nach getaner Arbeit an einem farbenfrohen „Pouf“ erfreuen oder im Sommer einen bunten Bikini häkeln über den dann ein „Strandrock“ getragen werden kann, die beide auch in einer der vorgestellten Taschen verstaut werden können.
Fazit
Rose Svane zeigt einfache Techniken, die es auch Anfängern ermöglichen sollten die 15 vorgestellten Modelle zu häkeln. Schade ist allerdings, dass diese sowohl in Auswahl, Stil und auch Farbgestaltung sehr Vintage sind und somit nicht jedem zusagen dürften. Wer ausgefeilte Modelle und innovative Ideen in Sachen Techniken und Modelle sucht, wird hier wohl enttäuscht werden; wer aber gerade erst mit dem Häkeln beginnt, könnte hier einen guten Einstieg finden.
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