Die Königin – Nofretetes globale Karriere

Am 1. April 1924 wurde die Büste der Königin Nofretete das erste Mal einem öffentlichen Publikum präsentiert. Dieses Ereignis jährt sich in diesem Jahr zum 100. Mal – und Sebastian Conrad nimmt dies zum Anlass, über die Frage nachzudenken, warum eine Kalksteinbüste so viel Aufsehen erregte und noch immer erregt.

Nofretete als globale Prominente

Vom ersten Tag ihrer öffentlichen Präsenz faszinierte die Büste der Nofretete die Massen. Die als „zeitlos“ beschriebene Schönheit mag eine Rolle spielen, ebenso die Fundgeschichte, die Frage nach der Fundteilung 1913 und die Frage nach Restitution 2024. Conrad spürt all diesen Gründen nach, beleuchtet alle Möglichkeiten, warum gerade dieses Artefakt so viel Aufsehen erregt. Er betrachtet den archäologischen Hintergrund, den prekären historischen Zeitpunkt ihrer Ausstellung nach dem Ende der Monarchie in Deutschland und dem Aufkommen des Nationalsozialismus, wie auch den Werdegang als Kunstobjekt in den darauffolgenden Jahren, den Einfluss von Massenmedien auf ihre Popularität und die folgende Massenvermarktung. Denn eines ist sicher – kaum ein Artefakt ist so zur Ikone geworden und kann sich weltweiter Berühmtheit erfreuen, wie die Büste der Nofretete in Berlin.

Theorien und Tatsachen

Conrad ist zwar Historiker, aber kein Archäologe oder, in diesem besonderen Fall, auch kein Ägyptologe. Das merkt man teilweise in seiner Sicht der Dinge auf Ausgrabungen und den Umgang mit den dazugehörigen Dokumentationen. Er stellt die historischen Hintergründe durchaus genau dar, verrennt sich aber manchmal in der augenblicklich sehr aktuellen Frage nach dem Umgang mit einheimischen Arbeitern, der Ausbeutung fremder Kulturen durch Kolonialmächte oder anderer Nationen und dem durchaus berechtigten Wunsch nach Rückführung unrechtmäßig erlangter Kunstgegenstände.

Manchmal scheint manche Theorie in diesem Zusammenhang vielleicht doch etwas zu gewagt. Auf die Bedeutung der Büste für die Wissenschaft geht er leider fast überhaupt nicht ein. Lediglich einige eingestreute Bemerkungen lassen auf einen weit weniger wichtigen Stellenwert in diesem Zusammenhang schließen. Dennoch schafft es Conrad zu zeigen, warum „Nofretete als instant celebrity“ anzusehen ist. Die Gründe hierfür sind vielfältig, interessant und gut dargelegt. Zahlreiche Fotos dokumentieren optisch die Bedeutung der Büste von ihrer Auffindung bis heute. Auszüge aus dem Grabungstagebuch Borchardts sind ebenso zu sehen, wie Werbe- oder Filmplakate, Ausstellungsfotos, Prominente in der Rolle der Nofretete und vieles mehr.

Ein Sachbuch

Nofrete wäre nicht zum ersten Mal Protagonistin in einem belletristischen Werk, doch „Die Königin“ ist ein Sachbuch. Conrad geht zwar populärwissenschaftlich an das Thema heran, aber man sollte schon Interesse an Geschichte, Archäologie und vor allem an politischen Hintergründen und den aktuell drängenden Fragen haben. Conrad versucht die unterschiedlichsten Blickwinkel einzunehmen, stellt die Büste sogar in den ethnischen Zusammenhang und zeigt auch den Einfluss auf Medien und Kunst. Jedoch macht es der Autor mit einem sehr flüssigen und keineswegs zu wissenschaftlichen Stil leicht den Ausführungen zu folgen. Und spannend ist dieses Thema sowieso, denn kaum eine anderes Kunstobjekt dürfte weltweit über ein Jahrhundert so viel Aufmerksamkeit erlangt haben und gleichzeitig als Ikone für diverse Zwecke missbraucht worden sein.

Fazit

Eine umfangreiche und faszinierende Betrachtung der Büste von Königin Nofretete. Conrad zeigt in vielfacher Hinsicht deren globale Bedeutung und wie es dazu gekommen ist. Ein informatives Buch, das ein abgerundetes und komplettes Bild abgibt.