Viele interessante Ansätze und Beobachtungen, die sich jedoch in langen Texten verlieren.
Schlank und jugendlich sollte der Körper sein, durchtrainiert und mit Kurven an den richtigen Stellen. Um dieses Ideal zu erreichen, sind viele Menschen bereit, eine Menge zu geben. Bei manchen muss der Tag mit Training beginnen, andere ernähren sich restriktiv und achten auf Nährwerte und Zusammensetzung von Lebensmitteln und inzwischen ist auch eine operative Optimierung des Körpers nichts Seltenes mehr. Woher kommt dieses Streben nach dem „perfekten“ Körper? Dieser Frage geht Susie Orbach in ihrem Buch „Bodies – Im Kampf mit dem Körper“ nach.
Wie sieht der optimale Körper aus?
Nach einem kurzen Vorwort von Margarete Stokowski beginnt das Werk mit einer Einleitung, in welcher die Autorin kurz erläutert, welche Rolle die „Schönheit“ des Körpers im Laufe der Geschichte hatte und wie sie sich zwischen den verschiedenen Kulturen und Zeiten unterscheidet - und warum Zufriedenheit mit dem eigenen Körper heute selten ist. Im ersten Kapitel „Der Körper in unserer Zeit“ geht sie näher auf dieses Thema ein und beschreibt, wie leicht es heute ist, den eigenen Körper zu verändern und nach einem medial vermittelten Ideal zu streben.
Im nächsten Abschnitt „Wie der Körper geformt wird“ erläutert Susie Orbach, wie wir werden, wer wir sind und welchen Einfluss sowohl Herkunft als auch Gesellschaft auf unsere Vorstellung und unsere Einstellung zu unserem Körper haben. In „Sprechende Körper“ geht es um psychosomatische Reaktionen des Körpers und wie über den Körper in Kontakt getreten werden kann.
„Körper – Real, visuell, virtuell“ beinhaltet den Bereich KI, Medien und künstlich erzeugte Ideale. Im nächsten Kapitel „Wie der Körper durcheinandergebracht wird“ steht im Vordergrund, wie sehr unser intuitives Verhalten in Bezug auf Nahrung durch die Verbreitung von Diäten, optimierten Lebensmitteln oder auch eine „Brandmarkung des Dickseins“ verdrängt wird.
In „Und der Sex?“ zeigt sie, wie stark auch Sexualität unter den vermeintlichen Idealen leiden kann, indem Medien unrealistische Ideale verbreiten oder auch Erziehung Rollenbilder vermittelt, die einengen und in Rollen drängen. Den Abschluss macht „Wofür sind Körper da?“. Hier geht die Autorin nochmal auf die verschiedenen Themen ihres Buches ein und zieht eine Art Fazit.
Viele Infos, dicht verpackt
Man merkt, dass Susie Orbach aus ihrer langjährigen Erfahrung als Therapeutin viel zum Thema zu sagen hat. Durch ihre Patientinnen und Patienten hatte sie Kontakt mit vielfältigen Störungsbildern, die sich oft auf einen Widerspruch zwischen Psyche und Körper zurückführen lassen. Sie geht der Frage nach, wie es dazu kommt, dass sich dieser Widerspruch in unserer Gesellschaft scheinbar immer mehr verbreitet und auf welche Ursachen diese Entwicklung zurückzuführen ist.
Besonders mit Medien und großen Konzernen geht sie dabei hart ins Gericht, da diese ihrer Meinung nach durch das Ziel hohe Gewinne zu erzielen, einen breiten Markt an Diätprodukten, Körperidealen und Vorbildern erschaffen. Doch auch die Kosmetikbranche und den Bereich der Schönheitschirurgie nimmt sie in die Verantwortung, denn durch sie wird es heutzutage quasi problemlos möglich, den natürlichen Körper zu verwandeln und in jegliche Form zu pressen, die gewünscht wird:
„Erfolgreich zu sein heißt, den Körper als lebenslange Arbeitsaufgabe zu begreifen. Erfolgreich sein heißt, Mängel – medizinischer wie ästhetischer Art – vorwegzunehmen und zu korrigieren. Doch wenn sich die normalen Körpervorgänge nicht ausreichend in Schach halten lassen – was schlicht nicht möglich ist -, wird der Körper zum Quell von Bestürzung und Versagensgefühlen.“
Schwere Kost, die sich ebenso schwer lesen lässt. Durch viele Beispiele, die sich teilweise vermischen, und reine Texterklärungen ohne Veranschaulichung durch Diagramme oder auch Tabellen, fällt es teilweise schwer, der Autorin zu folgen. An vielen Stellen fragt man sich, worauf sie letztendlich hinausmöchte und bekommt das Gefühl, dass sie nicht ganz auf den Punkt kommt. Zwar gibt es im letzten Kapitel ein Fazit, in dem noch einmal auf alle Kapitel kurz eingegangen wird, doch fehlt während der einzelnen Abschnitte teilweise ein roter Faden, der klar verfolgt wird. Oft kommt auch der Eindruck auf, dass ihre Schilderungen sehr einseitig sind, in erster Linie das Negative im Fokus haben und keinen Raum für andere Sichtweisen oder Möglichkeiten lassen und nur die Meinung der Autorin unterstützen, was auch durch die Ich-Perspektive verstärkt wird. Zwar hat sie in vielen ihrer Beobachtungen recht, wenn sie schildert, wie schwer es vielen fällt ihren Körper anzunehmen, doch schiebt sie die Gründe für Essstörungen und andere psychische Erkrankungen, bei denen der Körper involviert ist, oft auf äußere Gründe und falsche Schönheitsideale, was nicht immer ursächlich ist. Etwas weniger Pauschalisierung und vielfältigere Sichtweisen wären da wünschenswert.
Fazit
Susie Orbach liefert viele interessante Ansätze und ihre Beobachtungen unserer Gesellschaft machen auf viele Missstände im Umgang mit unserem Körper aufmerksam. Beim Lesen fällt es einem jedoch schwer, ihr zu folgen. Oft fragt man sich, worauf sie hinausmöchte und hat das Gefühl, es ist in erster Linie ihre Meinung, die sie mit ein paar wissenschaftlichen Fakten belegt.
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