Detaillierte Aufarbeitung eines aktuellen Themas
Die Journalistin und Podcasterin Annika Brockschmidt studierte Geschichte und Germanistik und machte ihren Master in Militärgeschichte. Ihre Spezialgebiete sind „Genocide Studies“ und die Bewegung der Rechten Evangelikalen in den USA, die nicht erst seit Donald Trump existieren, doch seitdem weltweite Aufmerksamkeit erregt haben. „Wie die religiöse Rechte die Demokratie gefährdet“ ist damit ein ebenso aktuelles wie brisantes Thema.
Porträt einer Bewegung
Brockschmidt zeigt die Geschichte der Religiösen Rechten in den USA von ihrem Beginn bis zur heutigen „komplexen heterogenen Bewegung, die bereits seit Jahrzehnten Einfluss auf die Amerikanische Gesellschaft und Politik nimmt und die maßgeblich für die tiefe Spaltung des Landes verantwortlich ist“. Diese sieht eine unbedingte Allianz von christlichem Glauben und amerikanischer Identität, die sie auch mit sakralisierter Gewalt durchzusetzen versucht, wie der sich bald jährende Sturm auf das Capitol am 6.1.2021 zeigt, bei dem christliche Symbole neben solchen der White-Supremacy-Bewegung gezeigt wurden.
Die Autorin geht auf den im 19.Jahrhundert angenommenen göttlichen Auftrag an alle Amerikaner ein, den ganzen Kontinent zu erobern und zu christianisieren. Sie erklärt die Beweggründe des Ku-Klux-Klan und den, von Rousas John Rushdoony propagierten, Dominionismus und Rekonstruktionismus. Sie zeigt die Propagandamaschine hinter der Bewegung, der ein weites Netzwerk an Medien und Organisationen zur Verfügung steht und sie erklärt die zunehmende Macht und den gesteigerten Einfluss auf die Republikanische Partei und ihre Präsidentschaftskandidaten, die mit den Stimmen der christlichen Rechten die Wahlen gewinnen wollen, die sich aber gleichzeitig damit in eine nicht zu unterschätzende Abhängigkeit begeben.
Brockschmidts Schlussfolgerung ist erschreckend: „Ihre Mission ist auf Jahrzehnte, wenn nicht sogar auf Jahrhunderte ausgerichtet. Als Bewegung verfügt sie über eine Infrastruktur, die ihren Gegenspielern fehlt - eine gut geölte Maschine, dank der sich die Republikanische Partei zum politischen Arm der religiösen Rechten entwickelt hat. Ob Sieg oder Niederlage – 2022 und 2024 sind für die Bewegung nur kleine Zwischenstationen auf dem Weg zu einem christlich-nationalen Amerika“.
Keine leichte Lektüre
Die Entstehung und die Motivation der christlichen Rechten in Amerika ist ein brisantes und äußerst komplexes Thema. Annika Brockschmidt hat es bis ins Detail recherchiert und beleuchtet es von allen Seiten. Sie hat ihr Wissen populärwissenschaftlich aufgearbeitet, aber dennoch ist das Buch definitiv eine sehr anspruchsvolle Lektüre. Viele Namen, Anglizismen, englische Bezeichnungen und Querverweise machen es dem Leser nicht immer leicht, den Gedankengängen der Autorin zu folgen und die unglaubliche Menge an Informationen zu verarbeiten. Diese sind allerdings stets qualifiziert, neutral gehalten und immer wissenschaftlich untermauert, was die 60 Seiten Quellennachweise zu den Anmerkungen auch deutlich zeigen. Leider wurde komplett auf Fotos verzichtet, was bei dem Thema verzeihlich ist, dennoch wären diverse Porträts zu den vielen erwähnten Persönlichkeiten angenehm gewesen.
Fazit
Annika Brockschmidt ist mit „Amerikas Gotteskrieger“ ein ganz großer Wurf gelungen! Wer sich für aktuelle Ereignisse und die Geschichte dahinter interessiert, ist bei diesem Buch genau richtig. Detailliert und populärwissenschaftlich aufgearbeitet präsentiert Brockschmidt ihr exzellent recherchiertes Wissen zu diesem aktuellen und sehr brisanten Thema, wobei die Lektüre allerdings gerade deshalb große Aufmerksamkeit fordert.
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