Nicht mehr als 50 Appetithappen
Expeditionen haben nicht selten die Sicht der Dinge und den Lauf der Welt verändert. Unter meist widrigen Umständen erforschten mutige Frauen und Männer die Welt zu Land, zu Wasser und in der Luft. Sie riskierten und opferten nicht selten ihr Leben für die Wissenschaft, aber auch um über die eigenen physischen und psychischen Grenzen hinauszugehen und selbst gesteckte Ziele zu erreichen. 50 dieser spektakulären Expeditionen sollen in diesem Buch vorgestellt werden.
Wild durcheinander und manchmal fraglich
Die vorgestellten Expeditionen reichen von den Erkundungsfahrten der Wikinger bis zu den Abenteuern im All in unserer heutigen Zeit. Jedoch sind sie nicht chronologisch geordnet, sondern gehen wild durcheinander. So ist man z.B. mit Juri Gagarin im All unterwegs und anschließend mit dem Wikinger Leif Eriksson auf der Fahrt über den Atlantik nach Vinland. Oder man liest von René-Auguste Caillié, der 1828 aus Timbuktu zurückkehrte, während man im nächsten Artikel von dem Drama um die Rainbow Warrior 1985 erfährt. Auch die Auswahl scheint keiner Prämisse zu folgen. Viele der Expeditionen dürften Interessierten bekannt sein, andere hingegen sind in ihrer Auswahl zumindest fragwürdig. Z.B. die Flucht aus einem sowjetischen Gulag oder der beschwerliche Weg zurück zur Familie nach einer ethnisch bedingten Zwangsumsiedlung sind Tragödien, aber keine Expeditionen, die per definitionem Entdeckungs- oder Forschungsreisen sind.
Wer sind die Autoren?
Leider gibt es keine Angabe zu den Autoren des Buches. Es wäre schön gewesen, zu erfahren welchen Hintergrund sie aufweisen oder welche Intention sie mit diesem Buch hatten. So kann man nur spekulativ davon ausgehen, dass es eher für Jugendliche als für Erwachsene gedacht ist. Die 50 Artikel sind sehr kurz und geben keine weiteren Informationen preis, als man sie auch in Wikipedia-Artikeln findet. Sie machen daher den Eindruck, junge Menschen an die unglaublichen Leistungen der Entdecker heranführen zu wollen. Bedauerlich sind dabei allerdings inhaltliche Fehler, wie der Begriff „Antike“, der inflationär gebraucht wird und nicht nur für den Zeitraum von 800 v.Chr. bis 500 n.Chr. oder die Bezeichnung eines Mannes im 11. Jahrhundert als „Deutscher“.
Keine wissenschaftliche Aufarbeitung
Wer eine wissenschaftliche oder auch nur populärwissenschaftliche Aufarbeitung der „Reisen, die unsere Welt veränderten“ erhofft, wird enttäuscht werden. Für den Inhalt der kurzen und manchmal fragwürdigen Artikel gibt es keine Quellenangaben oder Literaturnachweise. Woher die beiden Autoren ihre Informationen bezogen, bleibt im Dunkeln. Auch die in einigen Artikeln abgebildeten Karten sind teilweise enttäuschend bis redundant. Den Mount Everest als Punkt in den groben Umrissen von Afrika und Asien einzuzeichnen hat den gleichen Wert, wie auch die Strecke von Melbourne an den Golf von Carpentaria auf einer ebenso nur umrissenen Karte Australiens als einfachen Strich zu vermerken. Manchmal allerdings geben die Karten mehr Informationen preis und helfen dann doch die Wegstrecke von so mancher Expedition nachzuvollziehen. Foto aber sucht man im ganzen Buch vergebens. Kein einziges Bild von Hillary und Tenzing Norgay oder Thor Heyerdahl, kein Foto von Terry Fox oder Scott und Amundsen. Das ist sehr enttäuschend! Lediglich Amelia Earhart ist auf dem rückwärtigen Cover zu sehen, was aber nur jene wissen, die die furchtlose Fliegerin kennen.
Fazit
Sowohl die Kollektion der Artikel als auch der Umfang deren Inhalts lässt vermuten, dass das Buch für Jugendliche konzipiert ist. Fehlende Fotos und Quellenangaben, nur teilweise aussagekräftige Karten, die manchmal fragwürdige Auswahl der „Expeditionen“, als auch teilweise inhaltliche Fragwürdigkeiten sind aber auch dann nur schwer zu verzeihen. Wer sich daran nicht stört und nur einen groben Überblick über grandiose Leistungen von „50 Pionierinnen und Pionieren“ haben möchte, könnte hier aber fündig werden.
Christopher Riches, Richard Happer, Mark Steward, Alan Greenwood, Kosmos
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