I Am a Noise

Film-Kritik von Carola Krauße-Reim (08.2024) / Bilder: © Alamode Film

Einzigartiges Porträt einer Folk-Ikone

Für Viele dürfte der Name Joan Baez ein Begriff sein, auch wenn sie nicht unbedingt der etwas älteren Genration angehören. Die Sängerin machte nicht zuletzt mit dem Anti-Trump-Song „Nasty Man“ von sich Reden, sie zeichnete auch ein Porträt des ukrainischen Präsidenten Wolodomir Selensky und spendete den Erlös der limitierten Druckauflagen einer Hilfsorganisation.

„Die Stimme und das Gewissen ihrer Generation“

Joan Baez wurde 1941 in New York City geboren. Ihre Mutter war Schottin, ihr Vater stammte aus Mexiko. Mit ihren beiden Schwestern in einem streng gläubigen Quäker-Haushalt groß geworden, wurde sie sehr früh zum Star in der Folkmusik-Szene. Mit ihrer glasklaren Stimme erreichte sie bald ein immer größer werdendes Publikum. Doch der Erfolg hatte auch Schattenseiten: Panikattacken und großes Lampenfieber machten ihr das Leben schwer. Dazu kamen immer wieder Beziehungen, zu Frauen und Männern, die aber nie hielten.

Bob Dylan war jahrelang an ihrer Seite und enttäuschte sie dann schwer durch die spätere Entfremdung. Von ihrem Mann, David Harris mit dem sie einen Sohn hat, wurde sie nach kurzer Ehe geschieden. Doch in der Öffentlichkeit versteckte Baez ihre Probleme und glänzte. Sie wurde zur „Stimme und zum Gewissen ihrer Generation“, indem sie sich gegen den Vietnamkrieg und die Rassentrennung stark machte. Sie sagte immer ihre Meinung, wurde später zur Umweltaktivistin und Pazifistin. Sie erhielt u.a. den Ritterschlag der französischen Ehrenlegion und wurde in die „Rock and Roll Hall of Fame“ aufgenommen.

Mehr als ein Biopic

Die drei FilmemacherinnenMiri Navasky, Karen O‘Connor und Maeve O‘Boyle begleiteten Joan Baez einige Jahre lang. Sie waren bei ihrer Abschiedstournee 2019 dabei, die sie sich anfangs des Films noch gar nicht vorstellen konnte, und erhielten Einblicke in das Leben der Sängerin, wie sie wahrscheinlich bis jetzt kein Außenstehender bekommen hat.

Der über 100 Minuten lange Film wurde während der 73.  Berlinale 2023 uraufgeführt und begeisterte sofort, denn er ist viel mehr als eine Filmbiografie. Joan Baez erzählt selbst ihr Leben und lässt dabei wirklich nichts aus: Der Drogenkonsum, ihre Beziehung zu einer Frau, die psychischen Probleme und erstmals auch die Liebe zu Bob Dylan. Sie erzählt auch von ihrer Annahme, in der Kindheit von ihrem Vater missbraucht worden zu sein. Das hatte die restliche Familie bis auf ihre jüngere Schwester Mimi, die dasselbe von sich annahm, immer vehement verneint.

Die Filmemacherinnen vermischen Konzertmitschnitte, Tagebucheintragungen, Interviews, Zeichnungen und phonetische Sitzungsprotokolle des Psychologen mit jeder Menge Fotos. Es kommt eine ganz andere Joan Baez zum Vorschein, als man vielleicht bis jetzt dachte. Eine begnadete Sängerin, die außerdem sehr gut zeichnen kann und mit vielen inneren Dämonen umgehen muss. Die ständigen psychischen Probleme, die sie auf den von ihr angenommenen Missbrauch zurückführt, dürften nicht Vielen bekannt gewesen sein. Doch Baez hat ihren Frieden gefunden und lebt heute in ihrem wunderbaren Haus in Kalifornien.

Fazit

Ein Film, der nicht nur für Fans der Folk-Ikone gemacht ist. Joan Baez ist viel mehr als eine begnadete Sängerin. Sie verkörpert einen Zeitraum der US-Geschichte, der geprägt war von der Civil-Rights-Bewegung und dem Protest gegen den Vietnamkrieg. „I Am a Noise“ ist ein Musik- und Geschichtsfilm gleichermaßen, der eine Joan Baez porträtiert, wie man sie sich vielleicht niemals vorgestellt hätte.

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I Am a Noise

Die drei FilmemacherinnenMiri Navasky, Karen O‘Connor und Maeve O‘Boyle begleiteten Joan Baez einige Jahre lang. Sie waren bei ihrer Abschiedstournee 2019 dabei, die sie sich anfangs des Films noch gar nicht vorstellen konnte, und erhielten Einblicke in das Leben der Sängerin, wie sie wahrscheinlich bis jetzt kein Außenstehender bekommen hat. Titelbild: © Alamode Film

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