Frozen Planet – Eisige Welten II

Film-Kritik von Julian Hübecker (12.2023) / Titelbild: © BBC Studios

Es gibt wahrlich einladendere Orte auf der Erde als solche, die die meiste Zeit des Jahres mit Schnee und Eis bedeckt sind. Die Lebensräume, von denen hier die Rede ist, haben nichts gemein mit der romantischen Vorstellung einer glitzernden Schneedecke an Weihnachten oder der knackigen Kälte beim Spaziergang im nahen Wald im Januar. Vielmehr geht es hier um Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt, um gewaltige Gletscher, Eisschollen, die minütlich das Bild der Wasseroberfläche verändern, und um eisige Winde, die sich tief in die Haut fressen.

Anders als in der ersten Staffel von „Frozen Planet“ dreht es sich diesmal nicht nur um die Polarregionen der Arktis und Antarktis, sondern darüber hinaus um alle Lebensräume, die zumindest zeitweise mit Eis bedeckt sind. Das schließt Polarmeere, eisige Gipfel und sogar Wüsten mit ein. Und so lebensfeindlich diese Regionen auch wirken: Sie sind voller Leben und haben viele spannende Geschichten zu erzählen.

Neueste Technik und packende Sprecher

In 6 Folgen darf man sich auf diese wundervoll erzählten und gefilmten Geschichten freuen: „Eisige Wildnis“, „Eisiger Ozean“, „Eisige Gipfel“, „Eisiger Süden“, „Eisiges Land“ und „Unser eisiger Planet“. In über 3 Jahren sowie 2188 Tagen Drehzeit kam einzigartiges Videomaterial zusammen, das unter ähnlichen Dokumentationen seinesgleichen sucht. Verschiedenste Technik kam zum Einsatz, um sich den unterschiedlichen Herausforderungen zu stellen.

Wie filmt man etwa eine abgehende Lawine? Hochgeschwindigkeits-Drohnen sorgten für beeindruckende Aufnahmen. Auch Wärmebild-Drohnen, ferngesteuerte 4K-Kamerafallen und neueste Unterwassertechnik kamen zum Einsatz. So entstanden Bilder hochbedrohter Arten, wie von Amur-Leopard und Sibirischem Tiger, aber auch von dramatischen Kämpfen auf Leben und Tod – etwa zwischen einem Steinadler und einer Gämse oder einem Superrudel Wölfe und einer Herde Bisons.

Viele Aufnahmen gelangen weltweit erstmalig, manche sind von so einzigartiger Schönheit, dass man alleine schon über das Schauen des Films ehrfürchtig innehalten muss. Während in der Originalsprache der Altmeister der Dokumentationssprecher, David Attenborough, eine ideale Begleitung ist, ist es in der deutschen Synchronfassung der fantastische Christian Schult, der mit seiner unvergleichlichen Stimme durch die Dokumentationen führt. Packend klärt er über die Schönheit und Gefährlichkeit der kalten Lebensräume auf, weiß aber wiederholt zu betonen, wie verletzlich diese auch sind.

Unsere Zukunft

Die Zukunft der eisigen Welten steht immer wieder im Fokus der Folgen. Der Klimawandel ist die zentrale Katastrophe, die sich mit den Jahren immer weiter potenziert und zu einer realen, zeitnahen Bedrohung für die Menschheit entwickelt hat.

Das Eisschild auf Grönland reicht beispielsweise aus, um den weltweiten Meeresspiegel um 7 Meter ansteigen zu lassen – dabei verliert die größte aller Inseln bereits viel schneller ihr Eis, als Wissenschaftler vorhergesagt haben. Charismatische Tiere wie der Eisbär haben schon jetzt zu kämpfen, um auf der schwindenden Eisschicht der Arktis an Nahrung zu kommen – die Folge sind immer größere Strecken, die sie schwimmend zurücklegen müssen, um Robben zu finden. Die Erderwärmung sorgt außerdem dafür, dass Antipoden-Albatrosse einen starken Überschuss an Männchen haben, dass Schwertwale ihre hoch angepassten Jagdstrategien nicht mehr anwenden können, dass Sattelrobben-Junge immer häufiger ertrinken, dass Karibus mehr unter stechenden Insekten zu leiden haben … – man könnte die Liste endlos weiterführen.

Und obwohl die Bedrohung real ist, weiß die Dokumentation doch, vor allem die Schönheit der Lebensräume zu präsentieren. Denn dadurch lassen sich Begeisterung und Faszination wecken, ehe sie in Empörung umschlagen, dass Politik und Regierungen weltweit es seit Jahrzehnten verpassen, endlich den nötigen Kurswechsel hin zu einer klimafreundlichen Zukunft einzuschlagen. Und das sollte eine gute Dokumentation vor allem anderen leisten können!

Fazit

„Frozen Planet II“ verzaubert mit wunderschönen, einzigartigen Bildern aus eisigen Welten. Sie blickt unter Schneedecken, in kristallklare Seen, auf verschneite Gipfel und unter das ewige Eis. Sie betont aber auch, dass der Begriff „ewiges Eis“ aufgrund des Klimawandels einer düsteren Zukunft entgegenblickt. Eine ideale Kombination aus Schönheit der Natur und gnadenlosem Wissen.

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